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„Gemeinsame Grundlagen sind zentral“

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"Gemeinsame Grundlagen sind zentral"

Thomas Ball ist Senior Consultant bei dem Marktforschungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder. Das Unternehmen bietet systematische Branchen- und Unternehmensanalysen sowie auf B2B-Services spezialisierte Beratungsleistungen. Im Interview mit Piepenbrock Panorama spricht Thomas Ball über Entwicklungen in der FM-Branche und die zunehmende Vernetzung von Unternehmen.

 

Das neue Konzept der Servparc steht gleich für mehrere Schritte in die richtige Richtung. Die bisherige Messe legt man mit dem erfolgreichen, parallel stattfindenden Kongress zusammen, sortiert Inhalte der Messe nach Themen und schafft so eine weitaus größere Plattform zum Austausch und zum Netzwerken. Besonders für den Dienstleistungsbereich halte ich das für eine sinnvolle Lösung.

Daher wird auch Lünendonk erstmalig mit einem Stand auf der Servparc vertreten sein. Unser Kommunikationsverhalten wandelt sich. Daher ist dieses Konzept auch für andere Messen interessant. Viele Teilnehmer wollen aktiv eingebunden werden und auf diese Weise das im Raum vorhandene Potenzial stärker nutzen.

Kommunikation innerhalb der Branche und das Engagement in Verbänden sind ebenfalls große Themen für Unternehmen. Halten Sie diese Vernetzung für sinnvoll?

Mit der GEFMA und RealFM gibt es zwei starke Verbände innerhalb der FM-Branche, das ist in vielen anderen Branchen nicht so. Auch die Möglichmacher-Initiative der GEFMA trägt dazu bei, dass die Branche über diese Zusammenschlüsse trotz des Wettbewerbs der Unternehmen untereinander in der Lage ist, die Gesamtinteressen des Marktes an die Öffentlichkeit heranzutragen. Aus meiner Sicht ist das sehr sinnvoll

Dabei kommt den Verbänden natürlich auch die Aufgabe zu, Normen und Richtlinien für die Branche zu erarbeiten. Außerdem wirken sie bei der Konzeption von Ausbildungsberufen und der Weiterentwicklung von Qualifikationen mit. Zusätzlich kommt die Verbandsarbeit auch der Öffentlichkeitswirkung der Branche entgegen. Daher ist diese Form der Vernetzung sehr zu begrüßen

Mit welchen Herausforderungen setzen sich FM-Unternehmen aktuell aber auch zukünftig auseinander?

Die größte und wichtigste Herausforderung ist das Thema Personal. Personalgewinnung, Personalbindung, Personalweiterqualifizierung und der effiziente Einsatz von Personal sind die entscheidenden Faktoren für die Zukunft der Unternehmen – kombiniert mit Inhalten der Digitalisierung. Dabei wird die Digitalisierung aus meiner Sicht ein wenig unter falschen Vorzeichen diskutiert. Es geht hier weniger um die potenzielle Disruption von Geschäftsmodellen, wie sie in anderen Märkten bereits zu sehen ist. Vielmehr spielt das Potenzial, die Art der Leistungserbringung und die sich verändernde Zusammenarbeit mit den Auftraggebern für FM-Dienstleister eine große Rolle. Der Kern der Digitalisierung findet aus meiner Sicht in der inneren Organisation der Dienstleister statt und sorgt hier für eine Steigerung der Produktivität.

Dadurch wird es wiederum möglich sein, das vorhandene Personal effizienter einzusetzen, beispielsweise indem man Arbeiten wie die Disposition oder die Dokumentation digitalisiert und automatisiert, um auf diese Weise Kapazitäten zu schaffen. Themen wie die Attraktivität des Arbeitsplatzes oder Nachhaltigkeit werden in Zukunft auch eine noch prominentere Rolle einnehmen, genauso wie integrierte Dienstleistungen. Dieser Bereich wird zukünftig ebenfalls sehr wichtig werden. Hier findet bereits eine sukzessive Veränderung weg von der Einzelvergabe hin zu integrierten Services statt. Dieser Prozess wird sich beschleunigen. Dementsprechend müssen die FM-Unternehmen darauf reagieren und verstärkt integrierte Dienstleistungen anbieten.

Wie kann eine mögliche Zusammenarbeit von Unternehmen insbesondere bezogen auf Themen der Digitalisierung aussehen?

Gemeinsame Grundlagen sind zentral, um auf Herausforderungen der Zukunft zu reagieren. Dies kann auch über die Verbände koordiniert werden. In der Vergangenheit wurden hier zu Themen wie Musterverträgen oder Standardleistungsmodellen wichtige Fundamente gelegt. Ich halte es nicht für zielführend, wenn jedes Unternehmen einen eigenen Standard entwickelt.

Ein Systemwettbewerb wäre an dieser Stelle fatal. Stattdessen sollten die Unternehmen sich an bestehenden Normen orientieren und diese effizient umsetzen. Die Branche muss in Bezug auf die Grundlagen geschlossen auftreten und ein schlüssiges Konzept vorlegen.

Wie wichtig ist es für Dienstleister, bei Zukunftsthemen auch die Auftraggeber für eine Zusammenarbeit zu gewinnen?

Eine Zusammenarbeit an dieser Stelle ist wünschenswert. Ich glaube, es ist ein generelles Risiko – branchenübergreifend – dazu zu tendieren, ein Thema nur aus der eigenen Perspektive zu betrachten. Letztendlich muss der sprichwörtliche Köder aber dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

Wenn es also darum geht, Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, sollte der Kundenwunsch im Mittelpunkt stehen und dementsprechend auch den Dialog mit den Auftraggebern gesucht werden.

Sowohl FM-Dienstleister als auch deren Auftraggeber sehen bestimmte Trends und Schwerpunkte innerhalb der Branche. Welche sind dies aktuell?

Hier sollte zwischen positiven und negativen Trends differenziert werden. Positiv wahrgenommen werden der Fortschritt auf dem Gebiet der Digitalisierung sowie die stetige Professionalisierung der Branche. Dabei geht es vorrangig um die Serviceorientierung, aber auch um das Qualitätsmanagement an sich. Seitens der Kunden wird die Qualität der Dienstleistung immer wichtiger. Dementsprechend spielt sie auch für die Auftragnehmer eine immer größere Rolle. Weiterhin ist für die Auftraggeber eine flächendeckende Präsenz und Verfügbarkeit der Dienstleistungspartner wichtig, speziell wenn es um die gebündelte Ausschreibung von Services geht. Zudem zeigen unsere Analysen, dass die Nachhaltigkeit wichtiger wird.

Das halte ich für ein sehr ermutigendes Signal. Es gibt aber auch kritische Themen. Zum einen ist das der Fachkräftemangel. Der Personalbedarf verdrängt die Digitalisierung als größte Herausforderung. An einigen Stellen werden auch die wieder steigenden Preise negativ bewertet. Ich halte das aber für eine zwangsläufige Entwicklung, nachdem wir uns über viele Jahre ständig and er Preisoptimierung bewegt haben. Inzwischen haben wir uns auch über Branchenmindestlöhne einem Boden angenähert, von dem es nicht weiter herunter geht. Niedrige Verrechnungssätze betreffen zu allererst die Mitarbeiter, die die Gebäude am Laufen halten.

Der Markt der Facility- Services ist wirtschaftlich sehr stabil aufgestellt. Dennoch steht die Branche spannenden Herausforderungen gegenüber

Der Markt der Facility- Services ist wirtschaftlich sehr stabil aufgestellt. Dennoch steht die Branche spannenden Herausforderungen gegenüber (Bild: Piepenbrock Unternehmensgruppe GmbH+Co. KG)

Wie beurteilen Sie die generelle Entwicklung der FM-Branche?

Der FM-Markt ist wirtschaftlich sehr stabil und wirkt damit auch gesamtwirtschaftlich als stabilisierender Faktor. Seit dem Jahr 2004 haben wir noch keinen Umsatzrückgang im Markt beobachtet. Die Umsätze steigen meist in einem Fenster zwischen zwei und sechs Prozent pro Jahr. Andere Märkte, zum Beispiel Zeitarbeit und Personaldienstleistungen schwanken deutlich stärker. In manchen Jahren geht der Umsatz um 30 Prozent zurück, in anderen steigt er im Mittel wieder um 20 Prozent an.

Gebäudedienstleistungen sind wesentlich weniger Schwankungen unterworfen und bietet damit auch Sicherheit für die Beschäftigten. Facility Services stehen dabei für kontinuierliche und kundenorientierte Dienstleistungen. Diese Werte sollten meiner Meinung nach noch stärker wertgeschätzt werden.

Wagen Sie einen Blick in die Kristallkugel: Ist der mittelständische Dienstleister besser für die Zukunft gerüstet als das große international tätige Unternehmen, oder ist es umgekehrt?

Wir sprechen in Deutschland aktuell über einen Markt, der 2017 ein Volumen von 53 Milliarden Euro aufwies. Dieser Markt wird einerseits von vielen mittelständischen Unternehmen geprägt, andererseits von deutlich weniger großen, teils international tätigen Unternehmen. Da unser Markt aber derartig diversifiziert ist, wird es auf absehbare Zeit für viele verschiedene Unternehmensmodelle einen sicheren und ertragreichen Markt geben. Ich bin der Meinung, dass es funktioniert, sich als Dienstleister seine Nische zu suchen und darin sehr erfolgreich zu arbeiten.

Es funktioniert aber auch, sich ganzheitlich an den Wünschen der Kunden zu orientieren, eine hohe Servicementalität zu etablieren und auf diese Weise Erfolg zu haben. Wichtig ist immer, den Job gut zu machen. Das wird vom Markt langfristig anerkannt und ist sinnvoller, als kurzfristig auf besonders günstige Preise oder einen kurzlebigen Trend zu setzen. Diese Tendenzen straft der Markt relativ schnell ab.

 

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