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„Luftsicherheit muss digitaler werden“

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„Luftsicherheit muss digitaler werden“

Udo Hansen ist Präsident des Bundesverbands der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS). Der BDLS legt Richtlinien der Tarifpolitik fest und fungiert als Kommunikationsplattform für seine Mitgliedsunternehmen, die Politik, Gewerkschaften, Luftverkehrsgesellschaften und Flughafenbetreiber. Im Interview mit Piepenbrock Panorama spricht Udo Hansen über den Wert der Luftsicherheit und die Zukunft der Branche.

Welche Funktionen erfüllen die Luftsicherheitsmitarbeiter im Allgemeinen und warum sind ihre Dienste so wertvoll?

Der Luftverkehr findet nur statt, wenn er tatsächlich sicher ist. Beim Abwickeln des Luftverkehrs spielen die Luftsicherheitsmitarbeiter eine ganz zentrale Rolle, indem sie sowohl den Personen- als auch den Fracht- und Postverkehr sichern. Ihr Fehlen würde negative Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben der Passagiere sowie auf die Wirtschaft haben.

Da das Passagier- und Frachtaufkommen stetig wächst, ist der Beitrag der Luftsicherheitsmitarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes unverzichtbar.

Wie unterstützen private Dienstleister die Flughafenbetreiber sowohl aktuell als auch perspektivisch?

Die Flughafenbetreiber haben nach Paragraf acht des Luftsicherheitsgesetzes nur die Aufgabe, das Flughafengelände gegen unbefugten Zutritt – sowohl durch Personen als auch von Gegenständen und Waren – zu sichern. In den anderen Bereichen sind die Bundespolizei und das Luftfahrtbundesamt verantwortlich. Kerngeschäft der Flughafenbetreiber ist aber die Bereitstellung von Infrastrukturen, die der Abwicklung des Flugverkehrs dienen und nicht primär deren Sicherheit. Ohne Dienstleister müssten die Flughafenbetreiber Kontrollen mit eigenem Personal durchführen.

Für die Luftsicherheitsunternehmen, die im Auftrag der Flughafenbetreiber operieren, ist die Flughafensicherheit das Kerngeschäft. Deshalb sind sie Experten im Sicherheitsbereich und verfügen über das Wissen und die Erfahrung, über die ein Flughafenbetreiber nicht verfügt. Damit werden die Betreiber massiv entlastet und erhalten gleichzeitig die Gewährleistung einer erstklassigen Dienstleistung.

Aktuell wird debattiert, ob die Bundespolizei nicht wieder stärker in die Luftsicherheit involviert sein sollte. Welche Meinung vertritt der BDLS in dieser Diskussion?

Wir haben in der Bundesrepublik aufgrund der demografischen Situation und der praktischen Vollbeschäftigung in vielen Bereichen generell einen eklatanten Personal- und Nachwuchsmangel. Um dem entgegenzuwirken müssen wir das Aufgabenfeld der Luftsicherheit inhaltlich so attraktiv wie möglich gestalten. Das bedeutet zum Beispiel, die vielen verschiedenen Ausbildungslehrgänge hin zu einem im Berufsausbildungsgefüge anerkannten Beruf zu vereinheitlichen. Dieser sollte die Mitarbeiter befähigen, für einen langen Zeitraum in ganz unterschiedlichen Bereichen der Luftsicherheit erfolgreich tätig zu sein.

Dazu zählt es auch, dass Mitarbeiter ein wirtschaftlich vernünftiges Auskommen finden. Für die Unternehmen bedeutet das den endgültigen Abschied von Gelegenheitsarbeitskräften und von Niedriglohnkräften hin zu hochqualifizierten, dauerhaft an die Unternehmen gebundenen Mitarbeitern. Genau daran arbeitet der BDLS.

Wie stehen Sie zu der aktuellen Tarifpolitik? Ist der Lohn fair, auch im Vergleich zu der Leistung, die Luftsicherheitsmitarbeiter bringen müssen?

Um zu beurteilen, ob ein Lohn fair ist oder nicht, fehlt es meiner Meinung nach an validen Bewertungsmaßstäben. Im Vergleich mit anderen Berufsgruppen fällt auf, dass sich unsere Mitarbeiter – sofern es sich um geprüfte Luftsicherheitsassistenten und Luftsicherheitskontrollkräfte mit Zertifizierung handelt – in einer Gehalts- und Lohnebene befinden, die ansonsten den Bachelorabschluss voraussetzt. Verglichen mit einem dreijährigen Ausbildungsberuf sind unsere Mitarbeiter ungeachtet ihrer niedrigeren Eingangsvoraussetzungen und ihrer kurzen Ausbildungszeit deutlich besser bezahlt. Natürlich tragen sie ebenfalls eine große Verantwortung.

Aber bei objektiver Betrachtung haben ein Lokführer, ein Feuerwehrmann, ein Polizeivollzugsbeamter oder ein Krankenpfleger eine nicht weniger verantwortungsvolle Aufgabe. Schicht- und Nachtdienst sowie Dienst an Feiertagen gibt es in anderen Berufen auch, insoweit stellt das keine besondere Erschwernis für Luftsicherungskontrollkräfte dar. Aus meiner Sicht ist es aber müßig, darüber zu diskutieren, ob unsere Mitarbeiter zu hoch bezahlt werden oder andere Berufsgruppen zu niedrig.

„Luftsicherheit muss digitaler werden“

Die Digitalisierung der Luftsicherheit stellt eine der maßgeblichen Herausforderungen der Branche dar. (Bild: Sikov/stock.adobe.com)

Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der Luftsicherheit und welche aktuellen Entwicklungen gibt es? Wie steht der BDLS zu Digitalisierungsthemen?

Die Digitalisierung spielt derzeit in der Luftsicherheit zumindest in Deutschland so gut wie keine Rolle, weil sie schlicht und ergreifend noch nicht stattfindet. Das ist mehr als bedauerlich und führt dabei immer wieder an die Grenzen des händisch Machbaren. Ein Beispiel: Der Informationsfluss, beispielsweise bei der Kontrolle von Passagieren, beginnt mit der Mitteilung von Fluggesellschaften, wie viele Menschen bei ihnen Flüge gebucht haben. Diese Information geht an den Flughafenbetreiber, damit der sich in seinem Abfertigungsbereich darauf einstellen kann, und an die Bundespolizei. Erst auf Basis dieser Informationen können Luftsicherheitsunternehmen ihren konkreten Personaleinsatz an den einzelnen Stationen planen.

Hier haben wir es allerdings noch nicht mit einer digitalen Plattform zu tun, auf der mit hoher Validität und in Echtzeit die notwendigen Informationen für alle bereitgestellt werden. Stattdessen kommen Telefon und E-Mail zum Einsatz. Das ist nicht zeitgemäß. Ein weiteres Beispiel ist im Ausland zu sehen: Dort werden Passagiere durch Bildauswertung mit automatisierten Passagierführungen zu freien Kontrollschleusen geleitet – ganz ohne menschliche Einflussnahme. Beruhend auf vernünftigen Algorithmen ist ein solches Verfahren viel weniger störanfällig, günstiger und schneller als die Ausführung durch Menschen. Digitalisierung ist für die Luftsicherheit der Zukunft also ein unverzichtbarer Bestandteil. Daher gibt es beim BDLS Arbeitsgruppen, die sich mit der Fortentwicklung des Berufs- und Tätigkeitsfeldes befassen.

Welche Aufgaben nimmt der BDLS allgemein innerhalb der Branche wahr und wie unterstützt er seine Mitglieder?

Der BDLS ist die Stimme der Luftsicherheitsunternehmen. Unsere 30 Mitgliedsunternehmen spiegeln 80 Prozent des Marktes wider. Es gehört zu unseren Aufgaben, diese Stimme vernehmbar und mit guten, positiven Vorschlägen, an alle anderen Beteiligten im Geschehen des Luftverkehrs zu richten. Das sind die Politik, die zuständigen Behörden, die Bundespolizei, das Luftfahrtbundesamt und die einschlägigen Landesbehörden. Das sind aber auch unsere Sozialpartner von den Gewerkschaften. Daneben vertreten wir natürlich die wirtschaftspolitischen Interessen unserer Mitgliedsunternehmen. Wir möchten das Ansehen von Dienstleistungsunternehmen durch höhere Qualifizierung und höhere Qualität beständig steigern und damit die wirtschaftliche Basis langfristig sichern.

Nach innen bieten wir eine Plattform, um in verschiedenen Arbeitsgruppen dafür zu sorgen, dass unsere Unternehmen stets über die neuesten nationalen, europäischen und internationalen Entwicklungen informiert werden. Außerdem bieten wir durch die umfangreiche Expertise, die sich in unseren Mitgliedsunternehmen findet, Beratungsleistungen im vorpolitischen, politischen und behördlichen Diskurs. Und wir haben den Anspruch und den Ehrgeiz in Fällen der anstehenden Gesetzgebung oder bei Gesetzesänderungen, die notwendigen Impulse und fachlichen Beiträge zu liefern.

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